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Die Relevanz von Lizensierung im Kontext der Verwertung von Forschungssoftware

Um Software für Forschungszwecke oder andere Anwendungen nutzen zu können, ist die Zustimmung der Rechteinhaber erforderlich. Diese Zustimmung wird normalerweise durch Lizenzen geregelt, die festlegen, unter welchen Bedingungen und für welche Zwecke die Software verwendet werden darf. Diese Lizenzen können vom Rechteinhaber selbst erstellt oder aus bestehenden Vorlagen ausgewählt und auf die Software angewendet werden. Dies wird insbesondere dann relevant, wenn die Software nicht nur genutzt, sondern auch verändert, kopiert, weitergegeben oder kommerziell genutzt werden soll. Lizenzen können all diese Aktivitäten erlauben oder einschränken. Daher ist es wichtig zu wissen, welche Lizenzbedingungen für die geplante Nutzung gelten, um Urheberrechtsverletzungen und rechtliche Probleme zu vermeiden.

Lizenzen werden in der wissenschaftlichen Forschung oft als Hindernis angesehen, da das Thema sehr komplex und mit vielen Problemen behaftet ist. Dieser Teil des Wiki soll daher verschiedene Hilfestellungen geben, um die Arbeit mit Lizenzen zu vereinfachen und zu zeigen, dass Lizenzen auch ein nützliches Werkzeug sein können, um eigene Entwicklungen zu schützen und mit anderen zu teilen, insbesondere durch Open-Source-Lizenzen. Neben den grundlegenden Informationen zu Lizenzinhalt, Lizenzarten und Anwendungsgebieten finden sich, eine Übersicht wichtiger Open Source Lizenzen, Hilfestellungen zur Lizenzwahl und Kompatibilitätsprüfung sowie Empfehlungen zum Umgang mit Softwarelizenzen in den Einrichtungen. Darüber hinaus wurden für die gängigsten Open Source Lizenzen die Lizenztexte und Header-Templates zusammengestellt.

Aufgrund der rechtlichen Komplexität ist diese Sammlung nicht als Rechtsberatung zu sehen und kann daher nicht das Lesen von Lizenztexten ersetzen. Sie erhebt auch keinen Anspruch auf Vollständigkeit, weshalb die Nutzung auf eigenes Risiko stattfindet.

Merkmale und Inhalte einer Softwarelizenz

Softwarelizenzen sind ein grundlegendes Konzept in der Welt der Informationstechnologie, um sicherzustellen, dass Rechte und Interessen in Bezug auf geistiges Eigentum und andere Vermögenswerte respektiert und geschützt werden, während gleichzeitig bestimmte Nutzungen erlaubt werden. Kurz gesagt sind Lizenzen rechtliche Vereinbarungen, die einer Einzelperson oder einer Organisation das Recht einräumen, bestimmte Rechte oder Nutzungen in Bezug auf geistiges Eigentum zu erhalten, das normalerweise durch das Urheberrecht, das Patentrecht oder andere gewerbliche Schutzrechte, geschützt ist.

Hier sind die Kernelemente und Merkmale einer Lizenz:

🔹 Vertragliche Vereinbarung: Lizenzen sind rechtliche Vereinbarungen, die zwischen dem Lizenzgeber (der die Rechte vergibt) und dem Lizenznehmer (der die Rechte erhält) getroffen werden.

🔹 Bezug auf Geistiges Eigentum: Lizenzen beziehen sich häufig auf geistiges Eigentum wie Urheberrechte, Patente, Marken und Handelsgeheimnisse. Dies kann auch den Code umfassen, sobald die erforderliche Schöpfungshöhe erreicht ist.

🔹 Rechtmäßige Berechtigung: Lizenznehmer erhalten eine rechtmäßige Berechtigung zu den in der Lizenz definierten Rechten, und nur diese Rechte sind dem Lizenznehmer gestattet.

🔹 Bedingungen, Pflichten und Einschränkungen: Lizenzen können bestimmte Bedingungen, Pflichten und Einschränkungen für den Lizenznehmer festlegen, wie z.B. das Verbot der Weiterverbreitung oder die Markierung von Änderungen.

🔹 Pflichten des Lizenzgebers: Die Lizenz kann auch bestimmte Pflichten für den Lizenzgeber festlegen, wie beispielsweise die Verpflichtung von Open-Source-Lizenzen, den Quellcode bereitzustellen.

🔹 Dauer: Lizenzen können dauerhaft oder zeitlich begrenzt sein.

🔹 Exklusivität: Eine Lizenz kann exklusiv sein, was bedeutet, dass der Lizenznehmer das ausschließliche Recht zur Nutzung des Vermögenswerts hat.

🔹 Geografische Beschränkungen: In einigen Fällen kann eine Lizenz auf bestimmte geografische Gebiete beschränkt sein.

🔹 Gebühren und Vergütungen: Wenn die Lizenzgebühren oder Vergütungen erfordert, legt die Lizenzvereinbarung die Höhe, Zahlungsmodalitäten und Fälligkeiten fest.

🔹 Kündigung und Beendigung: Die Lizenzvereinbarung kann die Bedingungen für die Kündigung und Beendigung der Lizenz festlegen, einschließlich der Gründe und Verfahren.

Diese Merkmale können in verschiedenen Kombinationen auftreten und variieren je nach Art der Lizenz und den Vereinbarungen zwischen den Parteien. Es ist wichtig zu beachten, dass die Erstellung eigener Lizenzen immer in Absprache mit einem Rechtsexperten erfolgen sollte und dass es auch gängige Lizenzmodelle gibt, die verwendet werden können.

Arten von Softwarelizenzen

Bei der Unterscheidung von Lizenzen kann man vor allem zwischen zwei möglichen Ansätzen unterscheiden:

Closed Source/Proprietäre Lizenz: Im Gegensatz dazu wird bei dieser Art der Lizenzierung die Software als Closed Source oder proprietäre Software angeboten. Das Hauptziel besteht darin, die Software Dritten zur Verfügung zu stellen, jedoch mit individuellen Einschränkungen in Bezug auf Einsicht, Nutzung, Kopieren, Modifizieren und Weitergabe des Quellcodes. Dies geschieht in der Regel durch eine Endbenutzer-Lizenzvereinbarung (EULA). Die proprietäre Lizenzierung ermöglicht es den Entwicklern, die Kontrolle über ihre Software zu behalten und ihr geistiges Eigentum zu schützen.

Open Source Lizenz: Bei dieser Art der Lizenzierung wird die Software als Open Source zur Verfügung gestellt. Das Hauptziel besteht darin, Transparenz zu schaffen und anderen Personen oder Organisationen zu ermöglichen, die Funktionsweise der Software nachzuvollziehen.Darüber hinaus erhalten sie das Recht, den Quellcode zu nutzen, zu kopieren, zu verändern, weiterzuentwickeln und gegebenenfalls zu verbreiten. Diese Art der Lizenzierung fördert die Zusammenarbeit und den Wissensaustausch innerhalb der Entwicklergemeinde. Dies wird durch so genannte FOSS-Lizenzen (Free and Open Source) erreicht welche sehr weit verbreitet sind und sich in drei verschiedene Gruppen unterteilen lassen: starke Copyleft-Lizenzen, schwache Copyleft-Lizenzen und permissive Lizenzen. Mehr dazu bei der Übersicht der Open Source Lizenzen

Welche der beiden Möglichkeiten in Frage kommt oder ob sogar beide parallel möglich sind, hängt von vielen Faktoren ab, die hier näher erläutert werden. Um die Entscheidung zu erleichtern, können sowohl die Entscheidungshilfe Transferwege als auch der Entscheidungsbaum Geschäftsmodelle zu Rate gezogen werden. Beide führen durch die wichtigsten Fragen, um zum geeigneten Lizenzierungsmodell zu gelangen.

Anwendungsgebiete für Lizenzen im Bereich der Verwertung von Forschungssoftware

Softwarelizenzen werden in verschiedenen Anwendungsbereichen eingesetzt, auch im wissenschaftlichen Kontext. Bei der Betrachtung von Softwarelizenzen in der Forschung sind zwei Hauptperspektiven zu berücksichtigen:

🔹 Die Perspektive der Nutzer:innen wissenschaftlicher Software

In diesem Anwendungsfeld ist vor allem von Bedeutung, ob und in welchem Umfang die Software genutzt werden darf. Forschende müssen sorgfältig prüfen, wofür und unter welchen Bedingungen sie externe Software nutzen dürfen. Ist beispielsweise eine akademische Nutzung generell erlaubt oder müssen Lizenz- oder Nutzungsgebühren bezahlt werden? Dies betrifft auch die Anzahl der Benutzer oder Installationen, die von der Lizenz abgedeckt werden.

Besteht darüber hinaus die Absicht, die Software weiterzuentwickeln oder in eigene Projekte einzubinden, sind weitere Aspekte zu berücksichtigen. Dazu gehört die Prüfung, ob die Lizenz Modifikationen erlaubt, ob die modifizierte Software weitergegeben werden darf und welche Bedingungen und Pflichten für die Person gelten, die die Software modifiziert oder weitergibt.

🔹 Die Perspektive der Rechteinhaber:innen

Von Seiten der Urheber:innen oder Rechteinhaber:innen, die ihre eigenen Entwicklungen schützen oder verbreiten möchten, ergeben sich ebenfalls verschiedene Überlegungen. Die wichtigste Frage ist, was mit der Software geschehen soll. Soll sie einfach an interessierte Nutzer lizenziert werden, damit diese sie für ihre Zwecke nutzen können? Oder soll die Software in bestimmter Weise eingeschränkt oder kommerziell genutzt werden? Diese Überlegungen spielen im Zusammenhang mit der Geschäftsentwicklung eine besondere Rolle, da hier die grundsätzliche Richtung festgelegt wird. Beispielsweise unterscheiden sich die Anforderungen an die Lizenzierung, je nachdem, ob die Geschäftsmodelloptionen Duale Lizenzierung, Dienstleistung oder Software as a Service verfolgt werden. Auch wenn mit der Software ein Spin-off gestartet werden soll, hat dies Auswirkungen auf die Lizenzierung.

Steht die Verwertungsrichtung fest, muss im nächsten Schritt über den Umfang der Lizenz nachgedacht werden. Dazu gehören Bedingungen und Pflichten, die dem Lizenznehmer auferlegt werden sollen. Andere Bedingungen wie Exklusivität, territoriale Beschränkung, Lizenzgebühren usw. müssen ebenfalls berücksichtigt werden.

Die Wahl der richtigen Lizenz ist von entscheidender Bedeutung, da sie die Grundlage für die Nutzung und Verbreitung der Software bildet. Eine sorgfältige Prüfung der Lizenzwahl ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die Interessen sowohl des Nutzers als auch des Urhebers angemessen berücksichtigt werden. Es ist ratsam, bei komplexen Fragen im Zusammenhang mit Softwarelizenzen juristischen Rat einzuholen, um mögliche rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Mythen rund um Softwarelizensierung

Im Umgang mit Softwarelizenzen gibt es eine Vielzahl von Mythen und Missverständnissen, die sich hartnäckig halten und von denen einige hier vorgestellt werden sollen:

🔷 Open Source Publikation in der Wissenschaft: Es ist ein weit verbreiteter Mythos, dass Wissenschaftler ihre Software problemlos einfach als Open Source veröffentlichen können. Tatsächlich gibt es in Arbeitsverhältnissen Regelungen, die festlegen, wer die Erlaubnis zur Open Source Lizenzierung erteilen darf, z.B. Vorgesetzte oder spezielle Ansprechpartner.

🔷 Kommerzielle Nutzung von Open Source: Ein weit verbreiteter Irrglaube ist, dass einmal als Open Source veröffentlichte Software nicht mehr kommerziell genutzt werden kann. Wenn die institutionellen Verwertungsrechte vorhanden sind und keine weiteren Einschränkungen bestehen, ist eine kommerzielle Verwertung z.B. durch Dual Licensing durchaus möglich. Darüber hinaus kann Open Source Software durch XaaS, Dienstleistungen, Beratung etc. weitere Einnahmen generieren.

🔷 Unterschiedliche Open Source Lizenzen: Oft wird angenommen, dass alle Open Source Lizenzen gleich sind. Tatsächlich legen verschiedene Lizenzen unterschiedliche Nutzungsbedingungen fest. Beim Zusammenführen unterschiedlich lizenzierter Software kann es zu Inkompatibilitäten kommen. Eine Konformitätsprüfung ist daher unerlässlich.

🔷 Copyright-Vermerk ≠ Urheberrechtsvermerk: Der Copyright-Vermerk in Software hat nichts mit dem Urheberpersönlichkeitsrecht des Autors zu tun, sondern gibt an, wer die Verwertungsrechte besitzt, sei es der Arbeitgeber oder der Autor selbst.

🔷 Lizenzannahme: Es ist ein Mythos, dass Software einfach ohne Lizenz genutzt werden kann. Tatsächlich muss jeder Software einer Lizenz beiliegen, an dessen Bedingungen sich der Nutzer halten muss. Ohne eine Lizenz darf die Software nicht verwendet werden.

🔷 Weitergabe von Software: Die Annahme, dass Software nach dem Kauf frei weitergegeben werden kann, ist nicht immer richtig. Die Möglichkeit der Weitergabe hängt von den Lizenzbedingungen ab und ist nicht immer erlaubt.

🔷 Creative Commons und Software: Man sieht auch immer wieder, dass die Creative Common Lizenzen für Code verwendet werden, weil dieser im Grunde auch nur ein Text ist, welcher in einer bestimmen (Programmier-)Sprache verfasst ist. Davon wird aber abgeraten, weil in diesen beispielsweise die Bedingungen für Offenlegung des Quellcodes und klare Anweisungen für Modifikationen von Software fehlen. Vielmehr sollte immer eine auf Software ausgelegte Lizenz verwendet werden, wie zum beispiel die Open Source Lizenzen.

Diese und andere Mythen betonen die Notwendigkeit, sich über die konkreten Lizenzbedingungen im Klaren zu sein und bei Unsicherheiten rechtlichen Rat einzuholen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Lizenzen aus der Verwertungsperspektive

In der Forschung spielt die Open Source Veröffentlichung eine große Rolle. Daher sind Lizenzen mit Copyleft Effekten in der Wissenschaft sehr beliebt, da die Urheber:innen darauf abzielen, dass ihre Erkenntnisse und darauf basierende Änderungen/Verbesserungen der wissenschaftlichen Community immer Open Source (Quellcode sichtbar) zur Verfügung stehen.

Dem Gegenüber steht die Forderung nach mehr Verwertungsaktivitäten und einer Vermarktung von wissenschaftlicher Software. Solche Transferaktivitäten finden häufig unter Einbezug von Dritten statt, die nicht aus dem Forschungsumfeld kommen (z.B. Industriekund:innen) und eigene, proprietäre Software nutzen und vertreiben. Diese Dritten wollen in der Regel auf jeden Fall vermeiden, sich Software mit Copyleft Effekten in ihre eigenen Entwicklungen integrieren.

Die beiden Forderungen, Open Source Veröffentlichung und mehr Technologietransfer, müssen nicht im Widerspruch zueinander stehen. Der Beginn einer parallelen Verfolgung beider Strategien kann schon durch eine Sensibilisierung der Wissenschaftler:innen bestehen, keine Entwicklungen unter starken Copyleft-Lizenzen zu veröffentlichen, sondern eher eine Lizenz mit schwachem Copyleft zu wählen, um später flexibler in der Transferausgestaltung zu sein. Dieser Weg ist allerdings stark abhängig von den eigenen Institutsrichtlinien, bzw. dem Fokus und der Einstellung des Instituts zum Thema Transfer. Jede Transfermanager:in sollte daher mit der zuständigen Leitung die Ziele des Instituts klären: - Sollen Entwicklungen stärker auf die wissenschaftliche Community ausgerichtet sein und die kommerzielle Verwertung spielt eher eine untergeordnete Rolle? Dann sind Lizenzen mit (starkem) Copyleft Effekt eine gute Wahl.

Aktueller Trend in der Lizenzierung

Strenge Copyleft-lizenzen waren vor allem zu Anfang der Open Source Bewegung sehr populär. Mittlerweile setzt sich aber zunehmend die Verwendung von permissiven Lizenzen durch. Eine Analyse von WhiteSoure1 vom Januar 2021 zeigt, dass vor allem die Apache 2.0 und die MIT Lizenz die am häufigsten genutzten Open Source Lizenzen sind.

Meistgenutzte Open Source Lizenzen
Meistgenutzte Open Source Lizenzen.

Dabei zeigt sich, dass sich seit 2012 die permissiven Lizenzen kontinuierlich immer mehr gegenüber den Copyleft-Lizenzen durchsetzen.

Lizenznutzungsentwicklung seit 2012
Lizenznutzungsentwicklung seit 2012.

Ein ähnliches Bild ergab sich bei einer Analyse von Code Repositories auf GitHub2:

Meistgenutzte Open Source Lizenzen auf GitHub
Meistgenutzte Open Source Lizenzen auf GitHub (Daten für 2018-Q2/2020).

Im Gegensatz dazu dominierte auf GitLab die MIT Lizenz2:

Meistgenutzte Open Source Lizenzen auf GitHub
Meistgenutzte Open Source Lizenzen auf GitHub (Daten für Q2/2019-Q2/2020).

Referenzen