Skip to content

Entscheidungshilfe für die Wahl von Transferwegen

In diesem Kapitel werden die verschiedenen Transferwege vorgestellt und eine Entscheidungshilfe dargestellt, die dabei unterstützt die möglichen Transferwege für eine Software anhand der rechtlichen und technischen Gegebenheiten zu identifizieren. Die Verwertung einer Software ist an diverse rechtliche und technische Herausforderungen und Vorgaben geknüpft, welche frühzeitig geprüft werden sollten, um die passende Entscheidung für einen Transferweg zu treffen und damit die Einrichtung, die Entwickler und die Lizenznehmer rechtlich weitestmöglich abzusichern. Die wahrscheinlich wichtigste Entscheidung ist die Wahl der Art der Lizenzierung, wozu hier ein extra Kapitel zu finden ist.

Übersicht: Transferwege

Die Wahl des Transferwegs kann durch diverse externe Faktoren beeinflusst werden, wie zum Beispiel Vorgaben durch Drittmittelgeber oder mögliche Lizenznehmer. Des Weiteren können auch die Motivation und Verfügbarkeit der Entwickler:innen und der Fokus oder die Policy der entsprechenden Institution die Entscheidung für einen bestimmten Transferweg maßgeblich beeinflussen. Die verschiedenen Transferwege (Softwarelizenzierung, Services) können so unterschiedlichen Prioritäten innerhalb der eigenen Forschungseinrichtung unterliegen.

Folgend werden verschiedene Transferwege für die Verwertung von wissenschaftlicher Software kurz erläutert und eine mögliche Entscheidungshilfe für die Wahl des passenden Transferwegs für Transfermanager:innen vorgestellt. Das SoftWert-Projekt unterscheidet zwischen:

  1. Softwarelizenzierung
    • Open Source Lizenzierung
    • Proprietäre Lizenzierung
    • Duale Lizenzierung (Open Source + Proprietär parallel)
  2. Services

Softwarelizenzierung

Open Source Lizenzierung

Bei der Open Source Lizensierung von Forschungssoftware wird der Quellcode der Forschungssoftware öffentlich und frei zur Verfügung gestellt. Ein Vorteil der Open Source Lizenzierung ist, dass es hierfür standardisierte, allgemeingültige Lizenztexte gibt. Es kann aus einer Reihe verschiedenster Open Source Lizenzen wie beispielsweise GPL-3.0, EUPL-1.2 oder Apache 2.0 gewählt werden, je nachdem welche Nutzungsbedingungen gewährt werden sollen oder durch verwendete Programmbibliotheken im eigenen Code, die möglicherweise einem Copyleft unterliegen, nur noch verwendet werden können. Dieser mögliche Copyleft-Effekt muss in die Entscheidung des Transferweges dann miteinbezogen werden. Die Veröffentlichung einer Software mittels einer Open Source Lizenz schließt eine kommerzielle Nutzung nicht automatisch aus. Im Gegenteil haben sich in den letzten Jahren verschiedene Geschäftsmodelle entwickelt, die Open Source Software attraktiv für eine kommerzielle Nutzung im Sinne von kommerziellen Dienstleistungen. Zusätzlich kann eine Open Source Veröffentlichung auch als Werbung oder Testsoftware fungieren, um zukünftige Kunden anziehen oder Kooperationspartner zu gewinnen, mit den kommerziell verwertbare Produkte gemeinsam entwickelt werden können. Zusätzlich kann durch die freie Zugänglichmachung von Forschungssoftware auch ein signifikanter Impact im Sinne des Wissenstransfers und dem Aufbau einer Community zur Weiterentwicklung der Forschungssoftware erzielt werden.

Proprietäre Lizenzierung

Bei der kommerziellen Lizenzierung von Forschungssoftware, wird diese, sofern alle Nutzungsrechte bei der jeweiligen Einrichtung liegen und keine Lizenzrestriktionen bestehen, verkauft bzw. proprietär lizenziert. Hierbei werden dem oder der Endnutzer:in vertraglich geregelte Nutzungsbedingungen (u.a. Lizenzumfang, -dauer, Zugriff auf den Quellcode, Erlaubnis zur Sublizenzierung, zusätzliche Serviceleistungen, Haftung, Preise) gegen die Zahlung von Lizenzgebühren oder einer Beteiligung am Umsatz durch den Einsatz der Software eingeräumt.

Duale Lizenzierung

Eine spezielle Form der kommerziellen Lizenzierung bzw. Verwertung von Forschungssoftware ist die Duale Lizenzierung. Das bedeutet, dass die Software einerseits über eine Open Source Lizenz der (akademischen) Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird. Zusätzlich und parall dazu wird die Software mit möglichen kundenspezifischen Aspekten und explizit festgelegten Nutzungsbedingungen speziell für industrielle oder gewerbliche Kunden auch kommerziell angeboten und auslizenziert. Duale Lizenzierung ist möglich, wenn die ausschließlichen Nutzungsrechte an der Software bei der eigenen Einrichtung liegen. Mit diesem Transferwegs kann man sowohl dem Open Science Gedanken der Wissenschaft als auch der kommerziellen Technologietransfer-Perspektive gerecht werden. Die Forschungssoftware kann durch die Open Source Community weiterentwickelt werden und für wissenschaftliche Zwecke genutzt werden. Zusätzlich kann das Anwendungspotenzial der Software für innovative unternehmerische oder industrielle Aktivitäten genutzt werden.

Services

Wenn Software nicht an Nutzer:innen weitergegeben bzw. lizenziert wird, sondern darauf aufbauend Services angeboten werden, stellt das einen zusätzlichen Weg für die Verwertung von Forschungssoftware dar. Bei Software-as-a-Service Angeboten (SaaS) wird Software in der eigenen Einrichtung oder extern gehostet und Nutzende können über eine Weboberfläche mitunter gegen Zahlung eines Entgelts Zugang zur Software erhalten und diese über die Plattform nutzen. Der Quellcode wird nicht weitergegeben. Weitere Services wie kundenspezifische Zusatzentwicklungen (Add-ons), Beratungsdienstleistungen und Schulungsangebote auf Basis der Forschungssoftware oder das Angebot von kostenpflichtigen Updates und Wartungen für eine Forschungssoftware sind weitere Ausprägungen dieses Transferwegs. Für den Aufbau von Services ist es essentiell, dass die dafür benötigten Ressourcen (Personal, Infrastruktur, Eigeninteresse der Einrichtung) für den Zeitraum des Serviceangebots verfügbar sind.

Entscheidungsdimensionen

Bevor Tranfermanger:innen den passenden Verwertungsweg wählen können, müssen folglich diese Entscheidungsdimensionen zunächst berücksichtigt werden:
🔹 Urheberrechteinhaber: Sind alle Entwickler:innen der Software mit einem Arbeitsvertrag bei der eigenen Institution angestellt?
🔹 Verwertungsrechte: Liegen die ausschließlichen Nutzungs- und Verwertungsrechte bei der eigenen Institution? Oder gibt es externe Miturheber, von denen Nutzungs- und Verwertungsrechte eingeräumt werden müssen?
🔹 Copyleft: Gibt es durch die Verwendung von externen Programmbibliotheken oder Eindung von Code Dritter im eigenen Code restriktive Lizenzpflichten , die erfüllt werden müssen (Copyleft-Effekt)?
🔹 Vorgaben durch die eigene Institution: Gibt es in der eigenen Institution eine Software/IP-Policy, welche die Verwertung von Software in irgendeinem Maße beeinflusst?
🔹 Vorgaben durch Drittmittelfinanzierung: Wurde die Entwicklung der Forschungssoftware durch Drittmittel finanziert und dabei zusätzlich Vorgaben zur Lizenzierung der Software gemacht, welche die Verwertung beeinflussen?
🔹 Sind entsprechende Ressourcen (Personal, Infrastrukturen, Unterstützung der eigenen Einrichtung) für eine Verwertung von Forschungssoftware im Sinne von Wartung und Updates für die Zeit einer proprietären Lizenzierung oder dem Angebot von Services auf Basis der Software vorhanden und gesichert?

Diese und weitere Faktoren wirken sich stark auch auf die Lizenzwahl aus.

Entscheidungshilfe für die Lizensierung von Forschungssoftware

Entscheidungsbaum für Verwertungswege
Entscheidungshilfe für die Identifizierung und Wahl möglicher Verwertungswege.