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Software-Screening

Einführung: Warum ein Software-Screening?

Ein Technologiescreening - in diesem Falle mit dem Fokus auf Forschungssoftware - ist ein effektives Instrument für den Technologietransfer, um innovative Softwareprojekte und -produkte, die in einer Forschungseinrichtung entwickelt wurden, zu identifizieren. Durch das Screening können Transfermanager:innen in Forschungseinrichtungen Forschungssoftware mit Verwertungspotenzial identifizieren und Projekte mit hohem Potenzial können entsprechend prioritär behandelt werden. Es hilft dabei, gemeinsam mit den Forschenden mögliche Verwertungsstrategien und -pläne zu erarbeiten und Aktivitäten im Bereich Patentmanagement/IP Schutz, Förderung von internen Innovationsprojekten, Ausgründungen oder Technologiemarketing vorzubereiten. Gleichzeitig geht es beim Softwarescreening auch um die Sensibilisierung von Forschenden für das Thema Verwertung von Forschungssoftware und der Minimierung von rechtlichen, technologischen, strukturellen und strategischen Risiken bei der Wahl von Verwertungswegen und Lizenzmodellen.

Beim Softwarescreening steht ausdrücklich die Verwertung von Software außerhalb des unmittelbaren wissenschaftlichen Umfeldes im Fokus, insbesondere mit der Wirtschaft, aber auch für Behörden oder öffentliche Einrichtungen. Daher wird beim Screening mitunter auch auf die Einordnung in das System von Technologiereifegraden (Technology Readiness Level) zurückgegriffen, welche im Rahmen von Drittmittelprojekten und auch im Berichtswesen an Zuwendungsgeber ein wichtiger Indikator ist.

Im Folgenden stellen wir beispielhafte Screening-Prozesse zwei beteiligter Forschungseinrichtungen des SoftWert-Verbundprojekts als Best Practices vor.

Beispielhafter Prozess eines Software-Screenings am GFZ

Am GFZ wird jedes Jahr ein Transfer-Screening für alle transferrelevanten Assets aus Technologie- und Wissenstransfer durchgeführt, d.h. es gibt keine einzelnen, dedizierten Software-Screenings. Allerdings ist die Abfrage nach transferrelevanten Software- und Datenprodukten integraler Bestandteil eines Transfer-Screeninggesprächs am GFZ. Der Screeningprozess ist hier einmal grob dargestellt und darunter die einzelnen Schritte kurz erläutert:

Screeningprozess GFZ

1. Ankündigung Transfer-Screening und E-Mail Abfrage von transferrelevanten Assets:

Das jährliche Transfer-Screening wird frühzeitig im Jahr bei jeder wissenschaftlichen Sektion des GFZ per Mail angekündigt und dabei bereits bekannte transferrelevante Technologien bzw. Projekte mit entsprechenden TRL abgefragt. Basis dafür ist die Erhebung des vorangegangenen Screenings (Hat sich etwas verändert? Sind Technologien oder Projekte hinzugekommen oder nicht mehr aktuell?).

2. Wissenschaftliche Sektionen liefern Informationen zu transferrelevanten Assets:

Nach Ankündigung und Abfrage liefern die wissenschaftlichen Sektionen dann Informationen zu neuen oder bestehenden Technologien (also auch Software) zurück. Dabei wird ein Formular genutzt, welches die Transferabteilung den Forschungssektionen im vorherigen Schritt bereitgestellt hat. Das Formular ist dann die Grundlage für die darauffolgenden Screening-Gespräche mit jeder Sektion.

3. Vereinbarung von Screening-Gesprächen:

Da die schriftliche Abfrage von transferrelevanten Technologien nicht ausreicht, um spezifische Verwertungspläne zu entwickeln, folgen der Abfrage persönliche Screening-Gespräche. Pro wissenschaftlicher Sektion werden individuelle Termine vereinbart, bei denen neben dem Transferteam die jeweiligen Sektionsleiter:innen sowie ausgewählte Wissenschaftler:innen für bestimmte Technologien bzw. Projekte anwesend sind. Wenn eine wissenschaftliche Sektion keinen Bedarf an einem persönlichen Screening-Gespräch hat, werden lediglich die schriftlich abgefragten Informationen genutzt, aber mitunter nicht in dem Maße bei der Erstellung von Verwertungsplänen berücksichtigt, wie dies ggf. möglich wäre.

4. Durchführung der Screening-Gespräche:

Die Gespräche dauern in der Regel 1-2h. Zu Beginn wird noch einmal auf die Relevanz eines Transfer-Screenings hingewiesen sowie generell für den Wissens- und Technologietransfer sensibilisiert. Danach wird auf die gemeldeten (entweder bestehend und in Weiterentwicklung oder neuen) Technologien im Detail eingegangen (TRL, Anwendungspotential, mögliche/r Markt/Zielgruppen, Implementierungskosten, personengebundenen Know-How/Weiterentwicklung). Bei der Abfrage von Software wird zusätzlich noch nach der Lizenzierung gefragt bzw. dazu beraten und der Lizenzierungs-Workflow am GFZ erläutert. Während des Gesprächs wird ein Protokoll ausgefüllt. Die dort integrierten Informationen dienen dann dazu die finale Dokumentation fertigzustellen. Am Ende des Gesprächs gibt das Transferteam zusätzlich einen Ausblick zu den nächsten Schritten hinsichtlich der möglichen Verwertung der Technologien und gibt Hinweise zu weiterführenden Unterstützungsangeboten und -leistungen.

5. Technologien bewerten:

Im folgenden Schritt werden die besprochenen Projekte und Technologien (also auch Software) jeder Sektion vom Transferteam bewertet. Kriterien beinhalten Anwendungspotential, Wettbewerbsfähigkeit, Implementierungskosten, Marketingaufwand, TRL, strategische Bedeutung, Innovationshöhe/Patentierbarkeit und Personen/Know-How-Verfügbarkeit. Jedes Kriterium hat eine andere Gewichtung, Projekte bzw. Technologien werden unterschiedlich priorisiert.

6. Verwertungspläne erstellen:

Für die am höchsten priorisierten Softwareprojekte/-technologien werden Verwertungspläne erstellt, welche bisherige und geplante Maßnahmen für die Verwertung enthalten.

Interviewleitfaden

Hier findet sich zur Anschauung ein beispielhaftes Template für einen Interviewleitfaden für ein Transfer-Screening ähnlich wie am GFZ.

Beispielhafter Prozess eines Software-Screenings bei DESY

Bei DESY wird vierteljährlich ein Software Screening mit ausgewählten Wissenschaftler:innen durchgeführt, um primär transferrelevante Softwareentwicklung innerhalb der Forschungsgruppen zu identifizieren. Der Screeningprozess wird hier einmal grob dargestellt:

Flowchart Durchlauf Entscheidungsbaum Geschäftsmodelle

1. Suche nach transferrelevanter Softwareentwicklung innerhalb der Forschungsgruppen für Screening-Gespräche

Das Software-Screening wird regelmäßig alle drei Monate durchgeführt. In Abstimmung mit dem Technologietransfer (TTO)-Team werden passende Entwickler:innen innerhalb der verschiedenen Forschungsgruppen bei DESY gesucht. Basis für die Suche sind vor allem permanenter Kontakt zu Wissenschaftler:innen und Forschungsgruppen aber auch vorangegangene Technologiescreenings. Bei DESY wird nicht jede entwickelte Software gescreent, sondern nur Software und/oder Forschungsgruppen mit Verwertungspotential und/oder -interesse. Die Gesprächspartner werden dabei nicht systematisch ausgewählt, sondern aufgrund von internen Neuigkeiten (Newsletter, Intranet), neuen Publikationen und persönlichen Kontakten, auch dadurch, dass das TTO-Team in allen relevanten Gremien vertreten ist.

2. Kontaktaufnahme zu Wissenschaftler:innen und Vereinbarung von Terminen für Screening-Gespräche

Termine für Screening-Gespräche werden frühzeitig entweder telefonisch oder per E-Mail vereinbart. Vor den eigentlichen Screening-Gesprächen werden mit Hilfe der Softwaremeldung erste relevante Informationen erfasst. Dabei wird ein Formular genutzt, welches die Transferabteilung den Wissenschaftler:innen im vorherigen Schritt bereitgestellt hat. Das Formular ist dann die Grundlage für die darauf folgenden Screening-Gespräche. Die Screening-Gespräche werden ausschließlich persönlich durchgeführt um einen vollständigen Überblick über verschiedene Projekte und Entwicklungen der Wissenschaftler:innen zu erhalten und um die Komplexität der Projekte und Inhalte bestmöglich zu erfassen.

3. Durchführung der Screening-Gespräche

Die Screening-Gespräche laufen in der Regel 60-90 min und werden sowohl aufgezeichnet als auch schriftlich protokolliert um eine detailreiche Dokumentation zu gewährleisten. Zu Beginn wird noch einmal auf die strategische und politische Relevanz eines Software-Screenings hingewiesen sowie generell für den Technologietransfer sensibilisiert. Danach wird auf die Projekte bzw. Software im Detail eingegangen (TRL, Anwendungspotential, potentielle/r Zielgruppen/Markt, Implementierungskosten, personengebundenes Know-How/Weiterentwicklung). Darüber hinaus wird nach der Rechtesituation und Lizenzierung gefragt bzw. dazu beraten und der Lizenzierungsworkflow bei DESY erläutert. Abschließend gibt das Transferteam zusätzlich einen Ausblick zu weiteren Schritten bezüglich der Verwertung der Software und Hinweise zu weiterführenden Unterstützungsangeboten und –leistungen. Sobald Wissenschaftler:innen eine Kommerzialisierung der Software in Erwägung ziehen, muss das TTO zur Unterstützung einbezogen werden.

4. Verwertungspotential der Software bewerten

Nach den Gesprächen und mit Hilfe der im Nachgang bearbeiteten Dokumentation wird in diesem Schritt das Verwertungspotential der besprochenen Software und Projekte aus den verschiedenen Forschungsgruppen bewertet. Kriterien der Bewertung setzen sich zusammen aus dem Marktpotential, Wettbewerbsfähigkeit, TRL, Personen/Know-How-Verfügbarkeit und strategischer Relevanz des Projektes/der Software. Jedes Kriterium hat eine bestimmte Gewichtung und Software bzw. Projekte werden unterschiedlich priorisiert. Grundlage für die Bewertung ist ein entwickeltes Bewertungstool, welches auf Basis von Einschätzungen der Technologieverantwortlichen zu verschiedenen Aspekten der Software mögliche Verwertungsszenarien vorschlägt. Darüber hinaus werden wichtige Handlungsempfehlungen gegeben, um die Verwertung voranzutreiben und den Verwertungserfolg zu erhöhen.

5. Bei vorhandenem Verwertungspotential der Software weitere Screening-Gespräche vereinbaren

Bei vorhandenem Verwertungspotential und -interesse werden innerhalb von 6 Wochen weitere Gespräche mit den ausgewählten Wissenschaftler:innen durchgeführt. Ziel ist Wissenschaftler:innen eine erfolgreiche Verwertung zu gewährleisten. Dabei wird sowohl bei der Ideenfindung als auch bei der Identifikation von Marktpotential und Zielgruppen unterstützt. Gemeinsam werden Themen für eine erfolgreiche Verwertung (Lizenzen, Rechtesituation etc.) besprochen und adressiert.

6. Verwertungspläne entwerfen und Prozess-/Ideenentwicklung für weitere Projekte ausgestalten

Nach den Folgegesprächen werden für die am höchsten priorisierte Software Verwertungspläne entwickelt, welche relevante Maßnahmen und Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Verwertung enthalten.

Interviewleitfaden

Hier findet sich zur Anschauung ein beispielhaftes Template für einen Interviewleitfaden für ein Transfer-Screening ähnlich wie am DESY.

Lessons Learned

Fallstricke und wie man diesen begegnet

Bei Screening-Gesprächen kann es zu mehreren potenziellen Fallstricken kommen, die vermieden werden sollten, um die Effektivität und Effizienz von Screening-Gesprächen sicherzustellen. Folgend werden einige Fallstricke benannt sowie mögliche Handlungsoptionen basierend auf Erfahrungswerten aufgezeigt.

1. Vertraulichkeit: Entwickler:innen von Forschungssoftware können sich beispielsweise Sorgen machen, dass ihre Ideen, welche sie während des Gesprächs teilen, in irgendeiner Weise “gestohlen” werden könnten, was zu einem grundlegenden Vertrauensproblem führen könnte. Hier sollten Transfermanager:innen klar die Vorteile für die eigene Forschungssektion oder -abteilung, aber auch die eigene wissenschaftliche Karriere hervorheben. Zusätzlich kann darauf hingewiesen werden, dass durch den Arbeitsvertrag das Verwertungsrecht an einer Forschungssoftware im Allgemeinen (wenn es keine externen Kontributoren gibt) bei der Forschungseinrichtung selbst liegt und Ideen somit nicht vom Transfer aus den Forschungsabteilungen “gestohlen” werden. Man sollte betonen, dass eine Verwertung immer mit der Maßgabe der transparenten Kooperation zwischen Transfer und Forschungssektionen gestaltet wird und die bestmögliche Lösung für die Forschungseinrichtung als Ganzes, aber auch die Forschenden im Einzelnen gefunden werden soll.

2. Der Prozess: Darüber hinaus kann es ein generelles Unverständnis für den Screening-Prozess an sich und dessen Zwecks geben, was zu Missverständnissen und Fehleinschätzungen führen kann. Neben der Ausführung von offensichtlichen Gründen wie der strategischen und politischen Bedeutung von Wissens- und Technologietransfer, solle darauf hingewiesen werden, dass der Transfer auch immer ein bestimmtes Thema besonders stärkt und damit den jeweiligen Forschungsschwerpunkt von Forschenden. Die Betonung dieser Form der Sichtbarkeit und Wertschätzung kann Forschende überzeugen dem Screening-Prozess und dem Transfer im Allgemeinen gegenüber kooperativer eingestellt zu sein.

3. Gesprächsthema und -umfang: Ein weiteres Problem besteht darin, dass Screening-Gespräche leicht in ausufernde Situationen abdriften können, wenn die Teilnehmer nicht klar definierte Ziele und Strukturen haben. Dies kann zu Zeitverschwendung und Frustration führen. Hier ist es essentiell, das Gespräch entsprechend gut vorzubereiten, die Teilnehmer:innen zu Beginn noch einmal thematisch abzuholen und Erwartungen, Ablauf und Ziele klar zu definieren. Zusätzlich ist auch das Monologisieren, bei dem eine Person das Gespräch dominiert und andere nicht zu Wort kommen, ebenfalls hinderlich. Auch hier hilft eine klare Struktur mit entsprechender Moderation, aber auch das permanente Time-Keeping.

4. Gesprächsatmosphäre: Egal, ob Screening-Gespräche kontinuierlich als jährliche Routine oder punktuell bei Bedarf Bedarf von Transfermanager:innen durchgeführt werden, es ist essentiell, aktiv zuzuhören, eine wohlwollende Gesprächsatmosphäre zu schaffen und durch gute Vorbereitung, Transparenz und Nachvollziehbarkeit für beide Seiten zu gewährlisten. Jedes Gespräch sollte stets protokolliert werden, um im Nachgang Aufgaben und nächste Schritte abzuleiten.

Lessons Learned am GFZ

Durch die Screnninggespräche am GFZ können Wissenschaftler:innen regelmäßig für Transferthemen (bzw. die Prozesse im Umgang mit Forschungssoftware) sensibilisiert und gleichzeitig über bestehenden Reglungen und Prozesse informiert werden. Die meisten Wissenschaftler:innen am GFZ sind dankbar dafür, da die Prozesse und insbesondere die zugrunde liegenden Motive durch das persönliche Gespräch noch besser verstanden werden. Die Möglichkeiten, nachhaltige Softwareentwicklung zu fördern und unterschiedliche Transfermodelle auszuprobieren, stößt zunehmend auf größeres Interesse. Die eigene Forschung kann über zusätzliche Kanäle mehr Sichtbarkeit erhalten und mögliche Mittelrückflüsse durch erfolgreichen Transfer schaffen monetären Mehrwert. Was im Austausch mit den Wissenschaftler:innen am GFZ bezogen auf den Umgang mit Forschungssoftware meist ein gern diskutiertes Themen ist (auch bei Screeninggesprächen), ist die Grundsatzfrage um Open Science vs. Verwertung (im Sinne von Kommerzialisierung). Das sich beides nicht unbedingt ausschließen muss, d.h. dass auch der erfolgreiche Transfer von Software nicht immer mit restriktiven Zugang zur entwickelten Forschungssoftware zusammenhängt, sondern dass man beispielsweise Services um eine freie Software anbieten kann, ist wichtig während der Gespräche zu erläutern, damit beide Themen nicht als Gegensätze verstanden werden, sondern durchaus auch als komplementär betrachtet werden können. Die Screening-Gespräche am GFZ können jährlich stattfinden, ca. 80 -90 % der wissenschaftlichen Sektionen melden sich zurück. Das ist nicht selbstverständlich und sollte nicht als Benchmark für deutlich größere Forschungseinrichtungen als das GFZ gesehen werden. Das Führen von Screening-Gesprächen sollte Teil einer übergeordneten Strategie im Umgang mit Forschungssoftware sein und kann dementsprechend auch nur mit Unterstützung der Leitungsebene das volle Potential als Instrument gemeinsam mit anderen Maßnahmen entfalten.

Lessons Learned bei DESY

Die Screening-Gespräche sind zum einen ein relevantes Instrument um intensiven Kontakt zu den Wissenschaftler:innen aufzubauen, und Einblicke in die neusten Technologien sowie Projekte zu erhalten. Zum anderen ist es eine Plattform um Wissenschaftler:innen regelmäßig für den Technologietransfer zu sensibilisieren und sie über wichtige Aspekte der Softwareverwertung und den Umgang mit Forschungssoftware aufzuklären. Um ein effektives Gespräch aufzubauen ist eine intensive Vorbereitung der Gespräche notwendig und eine Recherche über erste Einblicke in die Forschungsthemen der befragten Wissenschaftler:innen. Die Gespräche sollten sich jedoch nicht zu tief im technischen Detail verlieren. Daher ist es wichtig als Transfermanager das Gespräch mit Hilfe von strategischen Fragen zielführend zu leiten.

Durch die Gespräche mit den Wissenschaftler:innen kann sich das TTO vor allem im Hinblick auf Fördermöglichkeiten besser aufstellen.