Sensibilisierung für den Umgang und die Verwertung mit Forschungssoftware¶
Trotz der hohen gesellschaftlichen und ökonomischen Bedeutung von Wissens- und Technologietransfer gibt es in der Forschungslandschaft immer noch wenig oder zum Teil widersprüchliche Anreize, um Transfer erfolgreich und nachhaltig durchzuführen. Transfer von Wissen oder spezifischen Technologien wird von Forschenden mitunter eher als Belastung denn als Chance für gesteigerten Impact der eigenen Forschung gesehen. Dies führt zu einer unzureichenden Nutzung des Verwertungspotenzials öffentlich finanzierter Forschung. Um Transfer- und Innovationsaktivitäten zu fördern und als systemimmanent zu begreifen, ist es neben der Aufklärung essenziell geeignete Anreizstrukturen oder -systeme in Forschungseinrichtungen zu schaffen, um die Transfer- und Innovationskultur langfristig zu stärken.
Zentraler Baustein für ein funktionierendes System der Softwareverwertung ist, dass alle Akteure (Wissenschaftler:innen, der Technologietransfer, die Leitungsebene etc.) unter der gleichen Mission zusammenarbeiten und die Ansprechpersonen für die Unterstützung von konkreten Projekten und den richtigen Umgang mit Forschungssoftware klar sind. Anreizmodelle können das Innovationspotenzial aus der Forschung aktivieren. Klare Instrumente und Unterstützungsleistungen erfassen diese Potentiale und unterstützen die Wissenschaftler:innen bei ihren ersten Schritten und darüber hinaus. Das schafft Wertschätzung für die Zeit und Ressourcen, die in die Entwicklung verwertbarer Forschungssoftware investiert werden.
Was für den Transfer im Allgemeinen zutrifft, trifft im Besonderen auch für die Verwertung von Forschungssoftware zu. Diese ist nicht nur eine Komponente im Prozess des wissenschaftlichen Erkenntnisgewinns oder Teil einer Forschungsinfrastruktur, sondern ist ebenfalls eine wertvolle Ressource mit hohem Innovationspotenzial und kann der Profilierung von Forschungsschwerpunkten zuträglich sein. Doch insbesondere bei wissenschaftlicher Software ist der Gedanke von Inwertsetzung bzw. nachhaltiger Nutzung bei vielen Forschenden mitunter nicht so präsent oder offensichtlich wie beispielsweise bei der Anmeldung eines Patents auf eine wissenschaftliche Erfindung. Doch auch bei Forschungssoftware können Anreize gesetzt werden.
Anreizsysteme für die Verwertung von Forschungssoftware¶
Um Anreizsysteme nachhaltig zu implementieren ist die Offenheit, die Beteiligung und das Engagement aller Personen in einer Forschungseinrichtung (von den Forschenden, über die Verwaltung, das Transfer- und Innovationsmanagement bis hin zur Leitungsebene) notwendig. Um dem Thema einen produktiven Rahmen zu geben, ist nach der Erfahrung der Projektpartner von SoftWert neben der Motivation der einzelnen Personen eine klare strategische Ausrichtung unabdingbar. Auf dieser Grundlage können verschiedene Anreizmodelle wirken, Aktivitäten belohnt, Richtungen vorgegeben oder Empfehlungen ausgesprochen werden. Davon ausgehend kann dann u.a. die Bedeutung von Open Source Lizenzierung und die Kommerzialisierung von Software gemeinsam diskutiert werden. Es entstehen bewusste Entscheidungen darüber, wie mit dem Innovationspotenzial von Forschungssoftware umgegangen werden soll. Passende Anreizmodelle erzielen darauf aufbauend den gewünschten Effekt, um die Bedeutung von Forschungssoftware für außerwissenschaftliche Zielgruppen hervorzuheben.
Anreizsysteme können in monetär und nicht-monetär unterteilt werden. Folgend werden verschiedene Möglichkeiten der Anreizsetzung für die Verwertung von Forschungssoftware dargestellt. Basis dafür sind tatsächlich genutzte Instrumente an verschiedenen deutschen Forschungseinrichtungen, insbesondere bei den Partnern dieses Projekts.
Übersicht monetärer und nicht-monetärer Anreizsysteme |
Beispiele für monetär Anreizsysteme der Projektpartner¶
Erhöhte Rückflüsse aus der Verwertung von Software durch Aufteilungsmodelle der Einnahmen zwischen Forschungseinrichtung, Abteilung und Wissenschaftler:innen
Transfer-Preise für die Würdigung der Softwareverwertung an Forschungsabteilungen
Ideenwettbewerbe samt (Ko-)finanzierung von Validierungsprojekten auf Basis von Forschungssoftware
Finanzierung von Projekten an, die noch in der Anfangsphase eines Innovationsprozesses stecken
Etablierung von Softwareentwicklungskompetenz in der leistungsorientierten Mittelvergabe
Innovation Award, welcher Softwarelösungen auszeichnet, die ein hohes Innovations- und Marktpotenzial haben
Helmholtz Inkubator Software Award, welcher die Entwicklung professioneller und qualitativ hochwertiger Forschungssoftware und das Engagement für Software fördern soll
Beispiele für nicht-monetäre Anreizsysteme der Projektpartner¶
Anerkennung und Würdigung von Software als Forschungsleistung (Reputation, Zitation)
Berücksichtigung von Transferaspekten bei der Entfristungen und der Neubesetzung von Stellen inkl. Berufungsverfahren
Umsetzung von Maßnahmen zur Stärkung der internen und externen Sichtbarkeit wissenschaftlicher Software (in Pressemitteilungen, auf Websites)
Exkurs: Rechtliche Bewertung der Erfindervergütung als monetärer Ansatz¶
Nach § 69a Abs. 5 UrhG, der erst nachträglich in das Urheberrechtgesetz eingefügt wurde, finden die §§ 32 – 32g UrhG keine Anwendung auf Computerprogramme. Programmierer haben daher keinen Anspruch auf angemessene Vergütung aus dem Urheberrecht für die Entwicklung wissenschaftlicher Software. Grund für die Ausnahmestellung von Programmierern ist die gute wirtschaftliche Situation verglichen mit Urhebern aus anderen Bereichen.
Hier wurde nicht differenziert zwischen Programmierer in der freien Wirtschaft und an wissenschaftlichen Einrichtungen, der Paragraph gilt also auch für Forschungseinrichtungen. Es gibt keine urheberrechtliche Verpflichtung eine Erfindervergütung (wie bei Patenten) an Etwickler:innen von Computerprogrammen zu zahlen.
Weiterführende Empfehlungen¶
Das Fraunhofer-Zentrum für Internationales Management und Wissensökonomie IMW untersucht im laufenden Projekt TRANSENTIVE - Akteursorientierte Transferanreize in Forschungseinrichtungen verschiedene Anreizinstrumente, vergleicht deren Wirksamkeit und entwickelt neue Impulse für Anreizsysteme für einen Verhaltenswandel bei Mitarbeitenden und Führungskräften in öffentlichen Forschungseinrichtungen. Informationen dazu sind hier zu finden.